Pressemitteilungen

PM 07.04.2025: Steigende Jugendgewalt erfordert verstärkte psychotherapeutische Prävention und gezielte Maßnahmen

PM 07.04.2025.Steigende Jugendgewalt.. S1_S2

Pressemitteilung

Steigende Jugendgewalt erfordert verstärkte psychotherapeutische Prävention und gezielte Maßnahmen

Die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2024 zeigt eine besorgniserregende Zunahme der Gewaltkriminalität unter Kindern und Jugendlichen. Besonders alarmierend ist der Anstieg der Tatverdächtigen unter 14 Jahren um 11,3 Prozent auf 13.755 sowie bei Jugendlichen um 3,8 Prozent auf 31.383.

Der Bundesverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie e.V. (bkj) sieht in diesen Zahlen eine dringende Handlungsaufforderung an Politik und Gesellschaft, verstärkt in psychotherapeutische Prävention, sozialpädagogische Begleitung und effektive strafrechtliche Maßnahmen zu investieren. „Die gestiegene Jugendgewalt ist Ausdruck zunehmender psychischer Belastungen, unzureichender sozialer Unterstützungsstrukturen und eines Gefühls des Abgehängtseins in bestimmten sozialen Milieus. Gewalt ist für viele Jugendliche ein Mittel der Selbstwirksamkeit und Machtausübung. Wir brauchen dringend mehr gezielte Maßnahmen, um Gewaltspiralen frühzeitig zu durchbrechen“, erklärt Dr. Inés Brock-Harder, Vorstandsvorsitzende des bkj.

Die PKS weist darauf hin, dass insbesondere der Einsatz von Messern bei Gewaltdelikten besorgniserregend zunimmt. So wurde in 6,3 Prozent der vollendeten Gewalttaten ein Messer genutzt oder damit gedroht. Diese Eskalation von Gewalt erfordert umfassende Maßnahmen zur Prävention und Intervention. Neben polizeilichen und juristischen Schritten müssen vor allem therapeutische, sozialpädagogische und gerichtliche Strukturen verbessert werden, um betroffene Kinder und Jugendliche aufzufangen und alternative Bewältigungsstrategien zu vermitteln.

Forderungen des bkj:

  1. Prävention in Schulen ausbauen: Zusätzliche pädagogische Fachkräfte, die speziell im Umgang mit gewaltbereiten Jugendlichen geschult sind, müssen in Schulen fest integriert werden.
  2. Schulpsychologie bedarfsgerecht planen und einsetzen: Jede Schule braucht eine ausreichende Anzahl an Schulpsycholog*innen, die gezielt frühzeitig intervenieren können.
  3. Jugendgerichtshilfe stärken: Die Jugendgerichtshilfe muss personell und fachlich besser ausgestattet werden, um adäquate Maßnahmen wie Sozialstunden und erzieherische Interventionen sinnvoll steuern zu können.
  4. Pädagogische und therapeutische Täterarbeit ausbauen: Programme zur Rückfallprävention, zur Reflexion von Gewaltverhalten und zur Stärkung der emotionalen Reifung von Tätern müssen flächendeckend eingeführt werden.
  5. Freie Träger und Jugendhilfe stärken: Familienunterstützende Maßnahmen durch freie Träger müssen finanziell gefördert und ausgebaut werden, um Risikofamilien frühzeitig aufzufangen.
  6. Täter-Opfer-Ausgleichsarbeit intensivieren: Der direkte Austausch zwischen Opfern und Tätern kann Schuldverständnis und Verantwortung fördern. Solche Programme müssen systematisch ausgeweitet werden.
  7. Schnellere gerichtliche Entscheidungen: Die Justiz muss zügiger auf jugendliche Gewalttäter reagieren, um direkte Konsequenzen und erzieherische Maßnahmen zeitnah umzusetzen.
  8. Jugendstrafvollzug optimieren: Der Strafvollzug für Jugendliche muss verstärkt auf Wertebildung, emotionale Reifung und Verantwortungsübernahme abzielen, um Rückfälle zu vermeiden.
  9. Soziale Ursachen in Risikomilieus berücksichtigen: Jugendliche aus benachteiligten sozialen Schichten benötigen Perspektiven und alternative Selbstwirksamkeitserfahrungen, um Gewalt als Ausdruck von Ohnmacht und Frustration zu vermeiden.
  10. Gewaltbereite Subkulturen gezielt adressieren: Auf kommunaler Ebene müssen Polizei, Jugendhilfe und Sozialarbeit gemeinsam gegen gewaltbereite Gruppierungen vorgehen und diesen alternative Wege aufzeigen.

„Seit der Corona-Pandemie mit ihrer nachgewiesenen Auswirkung durch erhöhte psychische Belastungen junger Menschen, hat auch die Jugendkriminalität signifikant zugenommen. Es wird deutlich, dass endlich umfassende und nachhaltige Maßnahmen in einem interdisziplinären System geplant und umgesetzt bzw. vorhandene konsolidiert werden müssen. Derzeit sind aber vor allem Mittelkürzungen in vielen Bereichen, insbesondere für Jugendhilfemaßnahmen und bei entsprechenden ambulanten Hilfsangeboten, zu beobachten. Die Aufrechterhaltung für Ursachen von Kriminalität wird hierdurch weiter befördert“, prognostiziert Stephan Osten, stellv. Vorsitzender des bkj. Der Bundesverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie e.V. fordert die politische Mandatsträger auf, entschieden zu handeln und in die psychische Gesundheit sowie die soziale Integration junger Menschen zu investieren.

Für Rückfragen: Dr. Inés Brock-Harder, brock-harder@bkj-ev.de, mobil 0049 (0) 170 36 32 365;                                             Stephan Osten, M.Sc.Psych., osten@bkj-ev.de