CORONA und die Folgen – psychische Gesundheit massiv gefährdet!
Stellungnahme mit Forderungen zur Pandemie-Situation des bkj vom 22.03.21
Es mehren sich Veröffentlichungen über zunehmende psychische Störungen als Folge der
Lockdowns. Krankenkassen vermelden eine Zunahme von Inanspruchnahme von
Psychotherapie und Psychotherapeuten berichten von einer deutlichen Steigerung der
Nachfrage.
Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche von den Maßnahmen des Lockdowns. Sie
sind durch die Schließung der Schulen und Freizeiteinrichtungen von ihren sozialen
Kontakten abgeschnitten, müssen den Schulstoff weitgehend eigenständig erarbeiten und
versinken zum Teil in Arbeitsaufträgen. Der sonst in ihrem Alltag dazugehörende Ausgleich
über das Treffen mit Freunden, über Sport oder andere Vereinsaktivitäten fehlt und
verschärft die psychosoziale Situation gravierend. Besonders hart trifft es Kinder aus
schwächeren Familien (etwa ökonomisch schlechter gestellten Familien oder Familien von
Alleinerziehenden). Eltern müssen den Spagat zwischen Homeschooling und Homeoffice
oder regulärer Arbeit hinbekommen. Vermehrte Konflikte mit überforderten Kindern oder
wegen unmäßigen Medienkonsums sind die Folge und drehen an der Spirale der
Überforderung und Überlastung.
Sonst zur Verfügung stehende Hilfsangebote sind durch die Pandemie weit zurückgefahren
worden, persönliche und aufsuchende Arbeit der entsprechenden Institutionen so gut wie gar
nicht mehr möglich. Sogar Selbsthilfegruppen u.a. wurden eingestellt oder auf Online-
Angebote umgestellt, die unter den gegebenen Umständen aber nicht alle von zu Hause aus
wahrnehmen können.
Psychisch labile Kinder und Jugendliche sind besonders betroffen, und es ist festzustellen,
dass es hierbei erneut zu Symptomverschärfungen kommt oder gar zu Rückfällen. Es ist zu
befürchten, dass die psychischen Folgen der Pandemie erst in der nächsten Zeit, bis weit
hinein in die kommenden Jahre, in ihrem ganzen Umfang erkennbar werden – aber schon
jetzt können wir niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten feststellen,
dass wir an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen. Es ist nicht nur eine Frage der Erreichbarkeit.
Die Einrichtung der Sprechstunde auch für Psychotherapeuten als ersten Zugangsweg
vermindert nicht die Notwendigkeit des Angebots einer baldigen Behandlung, also einen
Therapieplatz! Hier wird ein bereits vor der Krise bestehender Mangel lediglich verdeckt.
Mit großer Sorge sehen wir schon die nächsten Monate auf uns zukommen - ohne die
Möglichkeit zu haben, der Not der Kinder und Familien angemessen begegnen zu können.
Wir fordern:
eine begrenzte Aufhebung der Niederlassungsbeschränkung für KJP
oder alternativ eine Ausweitung der sog. ‚KJP-Quote‘ auf 30 %
und die Möglichkeit der Anstellung von KJP in unseren Praxen ohne Deckelung des
Budgets, so dass tatsächlich ein Mehr an zeitnaher Behandlung möglich wird
sowie eine deutliche Erhöhung der stationären Stellen für die derzeitig noch laufende
Ausbildung von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (P 1 und P2), damit
auch der Nachwuchs gesichert werden kann.