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Depressive Kinder – So können Eltern unterstützen

Depressive Kinder_So können Eltern unterstützen

Wenn das Kind leidet, möchten man ihm helfen. Zwar können Eltern keine
Therapie ersetzen, aber Kinder und Jugendlichen auf dem Weg zu Heilung aktiv
begleiten. Wie, das erklären zwei Expertinnen.

Fürth / Uffing am Staffelsee (dpa/tmn) - Leidet ein Kind unter Depressionen, braucht es professionelle Hilfe. Doch bis ein Therapieplatz frei wird, vergeht oft viel Zeit. Wie können Eltern ihr Kind in
der schwierigen Phase von der Diagnose bis zum Therapiebeginn unterstützen? Empfehlungen von
einer Psychotherapeutin und einer Sozialpädagogin.
„Eltern sollten die emotionale Belastung ihrer Kinder ernst nehmen“, sagt Dana Mundt. Die Sozial-
pädagogin koordiniert bei der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung die Beratungsangebote
für Eltern und Jugendliche. Dabei ist es wichtig, aktiv zuzuhören, ohne direkt zu urteilen. „Das ist
nicht einfach. Aber es ist für die Kinder hilfreicher, als wenn man ihnen sagt: 'Das wird schon wie-
der.'“
Denn: Eine Depression ist eine ernsthafte Erkrankung, keine vorübergehende Stimmungsschwan-
kung. Die Diagnose können nur Fachärzte treffen, und generell sollte ein Arztbesuch nicht zu lange
herausgezögert werden. Eltern sollten aufmerksam sein, wenn Selbstmordgedanken geäußert wer-
den und anbieten, mit dem Jugendlichen zu einem Kinder- und Jugendpsychiater zu gehen.
Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Anja Lorenz erzählt, dass sich ihre jungen Patien-
ten oft dafür schämen, depressiv zu sein. Viele tragen die schlechten Gefühle bis hin zur Unlust am
Leben schon lange mit sich herum. „Für sie ist es eine große Erleichterung, wenn sie offen darüber
sprechen können“, sagt sie.

Genau nachfragen
Eltern können das Gespräch mit einer Psychotherapeutin nicht ersetzen. Sie können aber genauer
fragen. Lorenz beobachtet oft eine Scheu der Eltern, vor allem bei düsteren Gedanken ihrer Kinder,
wie zum Beispiel Suizid. Sie empfiehlt zu fragen: „Wie ist das jetzt mit deinen Suizidgedanken?
Wann kommen sie vor?“. Darüber sollte man in der Familie sprechen können.
Unabhängig vom Schweregrad können Eltern herausfinden, warum ihr Kind traurig ist, sich zu-
rückzieht und nicht mehr mit anderen spielen will. Mögliche Ursachen können Mobbing oder ein
Schulwechsel sein. „Eltern sollten dann nicht sofort in Aktionismus verfallen und für das Kind Ent-
scheidungen treffen“, rät Sozialpädagogin Mundt. Besser sei, erst einmal mit dem Kind zu bespre-
chen, was helfen könnte. Zum Beispiel mit Fragen wie: „Was hat dir früher geholfen, als es dir
schlecht ging?“
Wenn das Kind gerade nicht reden will, sollten Eltern das akzeptieren. Gleichzeitig sollten sie si-
gnalisieren, dass sie zum Gespräch bereit sind: „Ich bin für dich da und höre dir zu. Aber nicht zu
viel Druck aufbauen“, rät Mundt. In schwierigen Situationen helfe es manchmal, einen Brief unter
der Tür durchzuschieben, sagt sie. Hauptsache, man bleibt in Kontakt.

Nahestehende Personen einbeziehen
Doch nicht alle Kinder öffnen sich ihren Eltern. „Vielen depressiven Kindern und Jugendli-
chen fehlt der emotionale Kontakt zu ihren Eltern“, sagt Anja Lorenz.
Manchmal kann „eine Tante, ein Onkel oder die Familie des Freundes einen Zugang zum Kind
schaffen. Alternativ eine Lehrerin oder der Schulsozialpädagoge“. Wichtig ist, gemeinsam mit dem
Kind zu agieren, nicht allein. Für Kinder und Jugendliche ist es ein großer Schritt, sich im Kinder-
garten oder in der Schule einer Fachkraft anzuvertrauen.

Gesund leben: Ernährung, Schlaf und Bewegung
„Kinder sollten an gewohnten Strukturen im Alltag festhalten“, rät Dana Mundt. „Sport ist hier
wichtig, aber auch gesunde Mahlzeiten und ausreichend Schlaf.“ Ein geregelter Tagesablauf gibt
Kindern Halt und Orientierung. Routinen schaffen ein Gefühl von Sicherheit und können helfen,
die Symptome einer Depression zu lindern. Sie schlägt vor, dem Kind eine regelmäßige Aufgabe zu
geben. Zum Beispiel, sich um den Hund zu kümmern und mit ihm rauszugehen.
Bewegung wirkt sich positiv auf die Stimmung aus. Ob Spaziergänge, Radfahren oder einfach nur
draußen spielen: Wichtig ist, dass kein zusätzlicher Druck entsteht. Selbst ein einfacher Ausflug in
die Eisdiele kann helfen, so die Sozialpädagogin. „Bei gemeinsamen, schönen Aktivitäten fällt es
vielen Kindern leichter, über sich und ihre Gefühle zu reden“, sagt sie. Sollte das Kind dennoch alles
ablehnen, könne man sich für den nächsten Tag verabreden.

Außerdem ist es gut, im Alltag Zeit für Entspannung einzuplanen. „Atemübungen und Yoga sind
auch für Kinder und Jugendliche geeignet und können entlastend wirken“, sagt sie. Eltern können
diese Techniken gemeinsam mit ihren Kindern erlernen und anwenden.

Soziale Kontakte fördern
Auch wenn ein Kind wenig Interesse an sozialen Aktivitäten zeigt, sind Kontakte zu Gleichaltrigen
wichtig. Gemeinsame Unternehmungen mit Freunden und Verwandten können Ablenkung bieten
und positive Erlebnisse schaffen. Jugendliche können an Gesprächskreisen einer Familienbera-
tungsstelle teilnehmen. Dort treffen sie auf Gleichaltrige und erleben, dass sie mit ihren Problemen
nicht allein sind. Eine weitere Möglichkeit zum Austausch bietet die Online-Jugendberatung der
Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke-beratung.de).

Unterstützung von außen suchen
„Eltern sollten ihre Kinder einfühlsam begleiten“, sagt Mundt, Sie können sich aber auch Unter-
stützung holen. Lokale Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen bieten oft kurzfristige Hilfen und
Entlastung an. Ihr Verband bietet eine kostenfreie Elternberatung im Netz an. Anja Lorenz emp-
fiehlt eine unverbindliche Beratung beim Jugendamt, wenn es vor Ort keine Familienberatungs-
stelle gibt.
Auch ein Gespräch mit dem Kinderarzt kann hilfreich sein, um weitere Schritte zu planen und Un-
terstützung zu finden. Während der Wartezeit auf einen Therapieplatz können Eltern zudem die te-
lefonische Beratung von Psychotherapeuten in Anspruch nehmen. „Sie geben Tipps, wo es in der
Region Anlaufstellen gibt. Und man kann sich auf Wartelisten für einen Therapieplatz setzen las-
sen“, so Lorenz. Dafür gibt es Telefonsprechstunden.
Ein weiterer Tipp ist ein Anruf bei der Kassenärztlichen Vereinigung (Nummer 116 117). Sie vermit-
telt Erstgespräche bei Psychotherapeuten. Für schwere Fälle, zum Beispiel für Kinder mit Suizidge-
danken, gibt es Notfallambulanzen.

Auch ein Sorgentelefon für Kinder- und Jugendliche (www.nummergegenkummer.de) ist von Mon-
tag bis Freitag zwischen 15.00 bis 19.00 Uhr erreichbar: Telefonnummer 0800 - 111 0 333 oder 116
111. Für Eltern ist ebenfalls vom „Nummer gegen Kummer e.V“ ein bundesweites telefonisches Gesprächs-, Beratungs- und Informationsangebot eingerichtet: 0800 - 1 111 0 550.
Und: Die Mehrzahl der betroffenen Kinder gesundet laut Informationsportal Neurologen und
Psychiater im Netz, nach entsprechender Behandlung - sogar schneller als depressive Erwachsene.
© dpa-infocom, dpa:240628-99-559898/2